Mittwoch, 5. November 2014

Stoffwindeln – Eine Einführung für Umweltbewusste



Mein Kleiner ist nun 13,5 Monate alt und ebenso lange nutze ich Stoffwindeln. Ich bin absolut glücklich damit und möchte euch gerne an meiner Freude mit den Stoffies teilhaben lassen. Ich möchte hier die Vorteile und auch Nachteile von Stoffwindeln auflisten, meine Tipps teilen, durch die Stoffwindeln noch umweltfreundlicher sein können, euch ein paar Tipps für den Einstieg geben, wie auch Tipps für schmalen Geldbeutel. Da es bereits einige gute und ausführliche Artikel zum Thema Stoffwindeln gibt, werde ich auf einige Sachen nur oberflächlich eingehen und euch dafür aber Links zu den entsprechenden Webseiten geben.

 

Die Vorteile von Stoffwindeln


Umweltfreundlichkeit ist meine Hauptmotivation. Nun kennen von euch einige vielleicht Vergleiche aus den Medien, in denen es heißt, dass Stoffwindeln nicht umweltfreundlicher seien, oder ihr fragt euch selbst, wie das mit all dem Wasser und den Stromkosten ist. Nun, die Vergleiche in den Medien haben einige Schwachstellen. Zunächst einmal sind die Vergleiche nur für ein einziges Kind berechnet. Allerdings kann man mit qualitativ hochwertigen Windeln 23 Kinder wickeln oder die Windeln an andere Kinder weitergeben bzw. weiterverkaufen. Bei Wegwerfwindeln wird die durchschnittliche Anzahl an Windeln, die ein Kind braucht, etwa 6000 Windeln, multipliziert mit der Anzahl der Kinder, und somit haben wir dann schon 12.000 bzw. 18.000 Windeln bzw. 23 Tonnen. Dadurch sind die Herstellungskosten von Stoffwindeln bei 23 Kindern noch einmal um einiges geringer als die von Wegwerfwindeln.

Der Müllberg von Stoffwindeln beträgt ebenso lediglich einen Bruchteil. 6000 Wegwerwindeln sind etwa eine Tonne Müll. Bei 23 Babies dürfen wir diese Tonne allerdings wieder multiplizieren. Ich wünsche mir mehrere Kinder, aber ich möchte für diese Kinder nicht je eine Tonne Müll nur für Windeln in die Welt setzen. Ein Müll, der 100500 Jahre braucht, um abgebaut zu werden, und somit nicht nur die Welt meiner Kinder belastet, sondern noch die vieler Generationen danach. Allein in den USA. landen 3.590.000 Tonnen Wegwerfwindeln jährlich im Müll.

Selbst wenn die Wasser- und Stromrechnung im Vergleich zu Wegwerfwindeln nicht so günstig ausfallen würde, wäre der Müllhaufen, den ich vermeiden kann, bereits ein ausschlaggebender Punkt für mich. Man könnte die Rechnung bei den Wegwerfwindeln durch Bio-Windeln und möglichst große Wickelintervalle zwar positiv beeinflussen, das ginge dann jedoch ins Geld bzw. ginge auf Kosten des Sauberwerdens (bzw. Sauberseins) und der Hautgesundheit. (Siehe unten.)

Wie ist das aber nun mit dem Wasser- und Stromverbrauch? Das ist eine Sache, die sehr stark von den individuellen Entscheidungen abhängt. Bei den Vergleichen in den Medien scheint damit gerechnet zu werden, dass die Stoffwindeln immer bei 6090 °C gewaschen werden, mit konventionellem Waschmittel, und oft wird noch berechnet, dass ein Trockner benutzt werden würde. Das alles muss aber nicht so laufen, und da sehe ich wieder einen großen Vorteil bei den Stoffwindeln: Ich kann aktiv daran mitwirken, dass sie noch umweltfreundlicher sind. (Meine Tipps dazu weiter unten.)

Der finanzielle Faktor ist für viele, auch für mich, ein weiteres großes Plus von Stoffwindeln. http://www.schickgewickelt.de hat das ganze inklusive Waschkosten einmal durchgerechnet. und ist dabei auf eine Ersparnis von 675 € gekommen bei einem Kind. Danach können die Windeln entweder zu einem guten Wiederverkaufswert verkauft oder für das nächste eigene Kind benutzt werden, wodurch die Ersparnis schon bei 1000 € liegen würde. Sollten die Windeln noch eine dritte Runde mitmachen, lässt sich entsprechend noch mehr Geld sparen. Auch im Einkauf lässt sich je nach Windelsystem oder -marke viel machen. Hybrid- und Höschenwindeln sparen da das meiste Geld. Ich habe fast alle meine Windeln gebraucht gekauft und dabei nach günstigen Angeboten Ausschau gehalten.

Weitere Vorteile von Stoffwindeln sind:
  • Anhockspreizhaltung wird in den ersten Monaten gewährleistet und fördert somit die Hüftentwicklung des Babies.
  • In einer Stoffwindel ist es etwa um 2 Grad Celsius kühler als in einer Wegwerfwindel, wodurch Bakterien etc. schlechter florieren können und was sich auch positiv auf die Hoden von Jungs auswirkt.
  • Stoffwindel sind besser belüftet, wodurch es Bakterien und Co. ebenfalls schwieriger gemacht wird, Fuß zu fassen.
  • Es heißt, dass Babies mit Stoffwindeln früher sauber werden. Eine Studie gibt es dazu meines Wissens nach nicht, aber in Anbetracht dessen, dass sowohl Eltern als auch Kind besser spüren, wann die Windel nass ist, kann ich mir das sehr gut vorstellen.
  • Es heißt auch, dass mit Stoff gewickelte Kinder besser in der Trage/im Tragetuch sitzen.
  • Man muss nicht ständig daran denken, neue Windeln zu kaufen bzw. zu bestellen. Entsprechend muss man keine Pakete schleppen oder vom Klingeln des Paketmenschen gestört werden. ;)

Die Nachteile

  •     Auch wenn Stoffwindeln letztlich Geld sparen, ist das natürlich eine stolze Summe, die auf einmal gezahlt werden müsste im Unterschied zu den jeweils kleinen Kosten von ein paar Paketen Wegwerfwindeln. Es gibt dennoch Möglichkeiten, sich Stoffwindeln zu leisten, auch wenn ihr diese Summe nicht auf einmal zur Verfügung habt, aber gerne mit Stoffwindeln wickeln möchtet:
    • Man kann sich zunächst einmal die günstigste Variante zulegen: Mullwindeln und zwei bis drei Überhosen. Für die ersten Wochen empfiehlt sich das ohnehin, da viele Windelarten da noch zu groß sind.
    • Man kann bereits während der Schwangerschaft damit beginnen, sich jeden Monat einen Teil des Windelpaketes zu kaufen. Ein bis zwei teurere Windeln würden neu 2550 Euro kosten, eine Summe, die jeden Monat fur die meisten erreicht werden kann. Auf ebay-Kleinanzeigen gibt es manchmal Angebote für fünf gebrauchte Windeln für 4050 Euro. 
    • In manchen Städten gibt es einen Windelzuschuss, da immer mehr Städte Bürger*innen dabei unterstützen wollen, sich Stoffwindeln zu kaufen, damit die Stadt wiederum an Müllkosten sparen kann. Es lohnt sich also auf jeden Fall, sich darüber zu informieren, ob die eigene Stadt so etwas anbietet. 
    • Einige Stoffwindel-Shops bieten Ratenkauf an. Desweiteren bieten viele Shops Rabatt auf größere Mengen an, sodass man sich mit Freund*innen zusammentun könnte, um Geld zu sparen.
  • Man muss immer wieder daran denken, die Windeln rechtzeitig zu waschen, aufzuhängen und einzuräumen. Das ist jedoch keine so große Zeitinvestition, wie viele denken. Ich brauche fünf Minuten, um die Wäsche in die Maschine zu tun, 1015 Minuten, um sie aufzuhängen, und noch einmal 1015 Minuten, um sie zusammenzulegen und einzuräumen. Ich wasche Spucktücher, Babyklamotten, Babydecken usw. dabei meistens mit. Als ich noch nicht so viele Windeln hatte, musste ich konsequent jeden zweiten Tag waschen. Weil ich da mehr Entspannung wollte, habe ich mir weitere Windeln gekauft, vor allem ein paar Hybridwindeln, so dass ich nur noch jeden 3.4. Tag waschen muss. Wenn es mit Ausscheidungskommunikation/Windelfrei gerade besser läuft, genügt auch einmal pro Woche. Um es zusammenzufassen: Windelnwaschen ist eine Gewohnheitssache. Am Anfang habe ich es noch öfter vergessen und dann behelfsmäßig mit Mullwindeln gewickelt oder mich gezwungenermaßen mehr auf seine Ausscheidungssignale konzentriert, aber mit den Wochen ist mir das Waschen ins Blut übergegangen, und ich empfinde es oft als eine willkommene Abwechslung.

Wie Stoffwindeln umweltfeundlicher sein können

  • Ich kombiniere Stoffwindeln mit Windelfrei bzw. Ausscheidungskommunikation (AK) und kann es nur empfehlen. Die Kombination aus Stoffies und Windelfrei/AK ist stressfreier umzusetzen, als wenn man versucht, ausschließlich Windelfrei zu praktizieren. Bei uns landen seit Geburt etwa 95% des großen Geschäfts im Töpfchen und auch immer mehr kleine Geschäfte. Ich muss die Windeln entsprechend selten auswaschen.
  • Ich wasche meistens bei 40 °C. Zum einen, weil Stuhl selten darin landet, und wenn doch, wird er vorher ausgeduscht. Zum anderen leistet das Waschmittel bereits seinen Beitrag in Sachen Hygiene, so dass 60 oder mehr °C selten nötig sind.
  • Die meisten Eltern lagern benutzte Windeln in einer geschlossenen Tonne, aber ich kann nur empfehlen, die Windeln luftig aufzuhängen, wenn dies möglich ist, also wenn ihr z.B. einen Balkon oder Keller habt. Durch die Belüftung entwickeln sich weniger Bakterien, und entsprechend entsteht weniger Geruch, wodurch wiederum weniger Waschmittel und weniger Wasser nötig sind. Bei starkem Geruch wird üblicherweise empfohlen, die Windeln zunächst kalt in einem Kurzwaschgang zu waschen, um Urin und gegebenenfalls Stuhl schon einmal auszuspülen, und danach dann noch einen richtigen Waschgang zu starten. Der erste Schritt ist bei luftgetrockneten benutzten Windeln (ohne Stuhl) sehr selten nötig.
  • Das Waschmittel sollte natürlich ökologisch sein. Insbesondere kann ich selbstgemachtes Waschmittel empfehlen, z.B. nach Billes Rezept. Es besteht nur aus (veganer) Bio-Kernseife, Soda und Wasser. Hier gibt es einen Link zu palmölfreier Kernseife. Aus einem Stück Kernseife kann man 5 große Portionen Waschmittel herstellen, was somit sehr viel günstiger ist als das teure ökologische Waschmittel. Aber es ist auch umweltfreundlicher: Zum einen sind die Inhaltsstoffe sehr übersichtlich und umweltfreundlich. Zum anderen kann man dadurch vieles an Verpackungsmaterialien sparen, da für Kernseife und Soda zur Waschmitteleigenproduktion für die gleiche Waschmittelmenge deutlich weniger Verpackungsmaterial anfällt als für gekauftes Waschmittel. Übrigens kann man auch Kernseife aus Raps- oder Olivelöl und Natriumhydroxid selbst herstellen.
  • Durch zumindest teilweise Nutzung eines Hybridsystems oder von Höschenwindeln lassen sich sowohl Material als auch Wasser, Waschmittel und Strom sparen. Bei diesen Windeln ist es möglich, nur einen Teil der Windel zu wechseln statt der gesamten Windel. Der innere Teil kann gewechselt werden, während der äußere Teil bzw. die äußeren Teile mehrfach verwendet werden können. Somit muss weniger Masse gewaschen werden. (Einen Link zu den verschiedenen Windelsystemen gibt es unten.)
  • Nicht nur das Windelsystem spielt eine Rolle, sondern auch Marke, Produktionsort und Material. So gibt es Windelhersteller*innen, die möglichst umweltfreundlich produzieren, auf der einen Seite, auf der anderen Seite Billig-Windeln, die in Ländern hergestellt werden, in denen es keine starken Kontrollen gibt bzgl. unter anderem der Umweltbelastung.
  • Durch die Wahl der Waschmaschine kann selbstverständlich ebenfalls viel Strom und Wasser gespart werden. Bei einem Neukauf sollte die Waschmaschine nicht nur stromsparend sein, sondern auch über eine gute Spülfunktion verfügen und die Wassermenge an das Gewicht des Gewaschenen anpassen.
  • Und natürlich spielt auch die Wahl des Stromanbieters eine große Rolle Ökostrom lässt grüßen.

 

Generelle Tipps zum Einstieg:

  • Zunächst einmal könnt ihr die Links unten studieren, um euch einen Überblick zu verschaffen. Macht euch bitte keine Sorgen, wenn ihr zunächst nichts versteht. So ging es mir auch, aber Klarheit wird allmählich entstehen. ;)
  • Wenn es dann an den Kauf geht, würde ich empfehlen, sich nicht gleich 25 Windeln einer Sorte zu kaufen, sondern verschiedene Windelsyteme/-marken auszuprobieren. Diese kann man gebraucht kaufen, man kann sich aber auch ein Testpaket bei diversen Online-Shops bestellen.
  • Viele nutzen so wie auch ich gerne verschiedene Systeme. Ich habe Windeln, die besonders lange dicht halten, Windeln, die schnell trocknen (immer gut, ein paar davon zu haben, falls man das mit dem Waschen mal verpeilt), Windeln, die flexibler sind und mehr Bewegungsfreiheit geben, Hybridwindeln zum Wäsche sparen bzw. für die Reise, und ja, auch welche, die einfach hübsch aussehen, weil ich auf diese Art und Weise gerne Werbung für Stoffies mache. :)
  • Hilfeiches Zubehör ist:
    • Wetbags: In diesen könnt ihr unterwegs eure gebrauchten Windeln geruchsdicht verpacken.
    • Wäschenetz: Viele nutzen ein großes Wäschenetz, das sie in die Windeltonne tun, um dieses mit all den Windeln mit einem Handgriff in die Wäsche befördern zu können.
    • Windelvlies: Das sind dünne Einmal-Einlagen aus Papiervlies. Diese fangen einen Großteil des Stuhls auf und können in der Toilette beseitigt werden. Wenn nur Pipi in ihnen landet, kann man sie sogar ein- bis zweimal mitwaschen und wiederverwenden.
    • Windelfleece: Sorgt durch die Namensähnlichkeit oft für Verwirrung. Es besteht aus Fleece-Stoff und ist eine Einlage, die die Feuchtigkeit von der Haut wegtransportiert und somit dafür sorgt, dass der Intimbereich möglichst trocken bleibt. Fleece und Mikrofaser stehen allerdings in der Kritik, da winzige Fasern sich beim Waschen lösen, nicht geklärt werden können und somit in die Meere gelangen. (Quelle
  • Wenn ihr Fragen oder Schwierigkeiten habt, könnt ihr euch im Internet mit anderen austauschen. Es gibt z.B. auf Facebook die Gruppe „Stoffwindel-Chat“ oder außerhalb von Facebook hier ein Forum.
  • Noch ein kleiner Tipp von mir: Mit der Massageeinstellung des Duschsstrahls kann man Stuhl sehr gut und bequem aus der Windel spülen. Empfehlenswert ist es, das direkt im Klo zu tun. Sollte der Duschschlauch zu kurz sein, kann ein längerer angebracht werden.

 

Und nun einige Links zur Weiterbildung:
 

So, das war es erst einmal von mir. Wenn ihr noch Links habt, die ihr dem hinzufügen wollt, oder Fragen und Anregungen habt, hinterlasst mir gerne einen Kommentar!

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